Wortfamilien – eine Einführung

Beginnen wir den Denksport gleich mit dem Nachdenken über das Denken.

Wir fangen damit an, indem wir das Wortfeld / denken / genauer untersuchen. 16 Varianten stehen zur Wahl, nämlich andenken, ausdenken, hinausdenken über, bedenken, durchdenken, erdenken, hineindenken, mitdenken, nachdenken, überdenken, umdenken, verdenken, vorausdenken, wegdenken, weiterdenken, zurückdenken.
Da dämmert uns bereits die Erkenntnis, dass uns einige Denkarbeit bevorsteht. Bedenkt man, dass sich der Wortsinn erst in einem sprachlichen Umfeld ( Kontext ) entfaltet, lautet unsere erste Aufgabe, einen solchen Kontext für jede Verbvariante zu finden. Wollen Sie selbst damit anfangen? Wir können Ihnen das aber auch erst mal abnehmen.

Kontexte  denken
* andenken, ausdenken *
Es ist angedacht, die beiden Zeitschriften zusammenzulegen.
Ich habe mir eine günstige Lösung ausgedacht.
Das hast du dir schlau ausgedacht. Es wäre nicht auszudenken, wenn er sein Geld aus der Firma zurückzieht.
* bedenken *
Das hättest du früher bedenken sollen.
Wenn ich es recht bedenke, ist das machbar.
* erdenken *
Ist es auch gelogen, so ist es doch schlau erdacht.
* hineindenken, hinausdenken *
Ich versuche, mich in ihn hineinzudenken.
Wir müssen über die Grenzen unserer bisherigen pädagogischen Konzepte hinausdenken.
* mitdenken, nachdenken *
Ich erwarte von meinen Mitarbeitern, dass sie mitdenken.
Ich habe darüber nachgedacht und bin zu folgendem Ergebnis gekommen.
* überdenken, umdenken *
Du solltest deine Entscheidung noch mal in Ruhe überdenken.
Jetzt beginnt auch die Schulbürokratie umzudenken.
* verdenken, wegdenken *
Wenn man sich die hässlichen Schilder wegdenkt, ist es ein ansprechendes Geschäftsviertel. Unsere Chefsekretärin ist aus dem Betrieb gar nicht mehr wegzudenken.
Du wirst es mir nicht verdenken, wenn ich mich schon verabschiede.
* vorausdenken, weiterdenken *
Lass uns einmal vorausdenken, wie es weitergehen könnte.
Wenn man diesen Gedanken weiterdenkt, kommt man zu einem überraschenden Ergebnis.
* zurückdenken *
Soweit ich zurückdenken kann, wurde dieser Weg gemeinschaftlich unterhalten. Ich denke nur ungern an die Schulzeit zurück.

Natürlich wollen wir uns auch mit anderen Wortarten beschäftigen. Betrachten wir deshalb die verwandten Adjektive (Eigenschaftswörter) und Partizipien:
denkfaul, un/denkbar, denkwürdig, un/bedenklich, un/bedacht, wohlbedacht, durchdacht, wohldurchdacht, bedächtig, un/verdächtig, bedenkenlos, bedenkenswert, nachdenklich, erdenklich, erdacht, zugedacht, gedanklich, gedankenlos, gedankenreich, gedankenvoll, gedankenschwer, gedankenschnell, gedankenverloren, gedankenversunken.

Da Partizipien wie Adjektive verwendet werden, nämlich als Attribute, werden sie hier teilweise mitaufgeführt, zumal die Grenzen fließend sind. Während / bedacht / und / durchdacht / als Verbformen verstanden werden können, sind / unbedacht, wohlbedacht und / wohldurchdacht / Adjektive.
/ zugedacht / stammt zwar von einem Verb, ist aber nur als Partizip gebräuchlich. Es deutet sich also bereits an, dass es viele Merkwürdigkeiten zu entdecken gibt. Machen wir jetzt noch die Kontextprobe für die genannten Adjektive und Partizipien.

Kontexte:
er ist nicht dumm, sondern denkfaul; es ist un/denkbar, dass er sich noch überzeugen lässt; ein denkwürdiger Tag; für Menschen un/bedenkliche Farbstoffe; eine unbedachte Äußerung; auf Diskretion bedacht sein; ein wohlbedachter Schachzug; eine durchdachte Strategie; wohldurchdachtes Vorgehen; sich bedächtig vortasten; un/verdächtiges Verhalten; dieses Reinigungsmittel kannst du bedenkenlos verwenden; bedenkenswerte Worte; nachdenkliche Zuhörer; alles Erdenkliche tun; damit sich diese Katastrophe nicht wiederholt; eine nur erdachte Geschichte; herzlichen Dank für die zugedachte Ehrung; gedankenlos daherreden; ein gedankenreicher Aufsatz; gedankenvoll in die Ferne blicken; gedankenschwer den Kopf hängen lassen; gedankenschnell reagieren; gedankenverloren zum Fenster hinausschauen; gedankenversunken die Augen geschlossen halten.

Mit den Substantiven wollen wir uns hier nur am Rande beschäftigen. Immerhin sei die Vielzahl deutlich gemacht.
Denkanstoß, Denkfabrik, Denkfehler, Denkgewohnheiten, Denkmal, Denkpause, Denkschrift, Denksport, Denkverbot, Denkzettel,
Denker, Vordenker, Andenken, Bedenken, Gedenken, Wunschdenken, Gedanke, Gedankenfreiheit, Gedankenaustausch, Gedankenblitz, Gedankenexperiment, Gedankenflug, Gedankenfluss, Gedankengang, Gedankengebäude, Gedankengut, Gedankenlesen, Gedankenspiel, Gedankensprung, Gedankenstrich, Gedankenübertragung, Gedankenverbindung, Gedankenwelt, Gedankenzusammenhang, Gedächtnis, Gedächtnisschwund, Gedächtnisverlust, Gedächtnisschwäche, Gedächtnishilfe, Gedächtnisstütze, Gedächtnistraining, Gedächtniskünstler, Gedächtnisleistung, Gedächtnislücke.
Damit wird erkennbar, dass unsere Sprache mit Vor- und Nachsilben, Vokal- und Konsonantenwechsel in der Kernsilbe sowie mit vielerlei
Zusammensetzungen arbeitet und damit eine ungeheure Zahl von Wörtern hervorbringt. Könnten wir diese alle in unserem Kopf behalten, wenn es sich immer um neue Wortstämme handeln würde? Wohl nein. Also stürzen wir uns hinein in den Wörterdschungel.

Satzaussage und Wortfeld / sagen /
Im Zentrum eines Satzes steht regelmäßig ein Verb. Die anderen Satzteile gruppieren sich um dieses Zentrum, die Satzaussage, auch Prädikat genannt. Dazu können Hilfsverben oder ein weiteres Vollverb gehören, wie z.B./ ich habe ihn kommen hören /. Deswegen stehen hier zunächst die Verben im Vordergrund. Anschließend sollen vom Verb abgeleitete Substantive und Adjektive zumindest erwähnt werden. Sie, lieber Leser, sollen jetzt die Gelegenheit erhalten, in ihrem Gedächtnis nach von / sagen / abgeleiteten Verbformen zu suchen und diese in einem Kontext zu erproben, da nur so der Wortsinn klar wird.
Beachten Sie dabei, dass ein Wort je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen haben kann! Wer nicht so lange grübeln will, kann natürlich gleich Kontexte formulieren.

Verbfamilie: sagen
absagen, ansagen, aufsagen, aussagen, besagen, dahinsagen, dazusagen, durchsagen, einsagen, entsagen, hersagen, lossagen, nachsagen, untersagen, versagen, vorsagen, voraussagen, vorhersagen, weitersagen, zusagen
Formulieren Sie jetzt Kontexte! Achten Sie dabei ggf. auf die mehrfachen Wortbedeutungen;
* absagen, ansagen *
Ich bin eingeladen, musste aber absagen.
eine Veranstaltung wegen schlechten Wetters absagen
das Programm ansagen, Meine Schwester hat sich für das Wochenende angesagt.
* aufsagen, aussagen *
ein Gedicht aufsagen, jemand die Freundschaft aufsagen,
als Zeuge aussagen
Sein seriöses Auftreten sagt nicht viel über seine wirklichen Ziele aus.
Jetzt sind * besagen, dahinsagen *
Der Vertrag besagt nur, dass eine vorzeitige Kündigung aus wichtigem Grund zulässig ist, aber nicht, was ein wichtiger Grund ist.
Das ist leicht dahingesagt; aber wie soll das funktionieren?
* dazusagen, durchsagen *
Das hättest du dazusagen müssen.
Die Adresse kannst du mir ja noch durchsagen.
* einsagen, entsagen *
Einsagen gilt nicht. Aufgrund meiner Kniebeschwerden muss ich meinem Hobby, dem Fußballspielen, entsagen.
* hersagen, lossagen *
Sie hat das Gedicht auswendig, aber unakzentuiert hergesagt.
Er hat sich von den Dschihadisten losgesagt.
* nachsagen *
Du brauchst mir die Vokabeln nur nachzusagen.
Nachlässigkeit lasse ich mir nicht nachsagen.
* untersagen, versagen *
Mein Vater hat mir untersagt, im Gartenhaus zu feiern.
Alle Erziehungsversuche haben bei ihm versagt. Er versagte mir jede Hilfe. Kinder blieben uns versagt. Aufgrund meiner Herzschwäche muss ich mir ab sofort Bergwanderungen versagen.
* vorsagen, voraussagen, vorhersagen *
Du sollst deinem Banknachbarn nicht vorsagen.
Ich habe mir immer vorgesagt, dass Hartnäckigkeit schließlich doch zum Ziel führt; und so war es. Wie willst du das denn vorhersagen?
Er hat mir vorausgesagt, dass dazu Monate erforderlich sind.
* weitersagen, zusagen *
Sag das bitte nicht weiter!
Sie hat mir zugesagt, sich an den Vorbereitungen zu beteiligen.
Ich weiß nicht, ob dir diese Farbe zusagt.
Als Nächstes suchen wir zu allen Verben die entsprechenden

Substantive:
Sage, Saga, Absage, Ansage, Aussage, Durchsage, Danksagung, Entsagung, Untersagung, Versagung, Voraussage, Vorhersage, Wettervorhersage, Zusage.
Man sieht: Nicht allen Verben entspricht ein Substantiv.

Wer Lust hat sich weiter im Wörterdschungel zu tummeln, kann gerne bei mir Material anfordern. Mail: gabi.nerlich@gmail.com